Ein neues Organspendegesetz?

Heute fällt im Bundestag eine Entscheidung zum Organspendegesetz. Die Abgeordneten entscheiden fraktionslos und sind nur ihrem Gewissen verpflichtet. Was soll gelten: das Einwillungs- oder das Widerrufsrecht?
Für beide Gesetze gibt es gute Gründe dafür und dagegen und je mehr ich mich mit dem Thema befasse, umso schwerer fällt es mir, mich auf eine Seite zu schlagen.
Kein Nein, ist ein Ja?
Wenn ich nicht widerspreche, dann stimme ich einer Organspende zu.
Für die großen und kleinen Entscheidungen im Leben braucht es ein eindeutiges Ja, ob Eheversprechen, Zeitungsabo oder Newsletter.
Eine Spende ist immer freiwillig und entspringt dem Bedürfnis, etwas aus Mitgefühl zu tun.
Wer um Spenden bittet, leistet Informationsarbeit. Hilfsorganisationen klären auf, sind kreativ und zeigen, was die Spenden im Leben eines anderen bewirkt haben. Das berührt!
Über Organspende wird kaum informiert, dabei befürworten 80 % der Deutschen sie, aber nur 39 % besitzen einen (ausgefüllten) Ausweis.

Letzte Woche war ich im Rathaus und habe einen neuen Pass beantragt. Mit der Rechnung überreichte mir die Angestellte meinen persönlichen Organspendeausweis, ohne zu fragen, ob ich einen besitze. Das Bürgeramt ist für die Bürger da, wenn nicht hier Aufklärung geschieht, wo dann?
Mit dem Einwillungsgesetz sind selbst 16-Jährige automatisch Spender. Sie denken nicht über den Tod nach, und solange Erwachsene darin wortlos sind, werden Teenager es nicht thematisieren.

Leidensdruck und Verzweiflung sind groß, wenn Menschen auf ein lebenswichtiges Spenderorgan warten müssen. In Österreich, Frankreich und den Niederlanden wird erfolgreich mit dem Einwilligungsgesetz gearbeitet und die Spanier sind die organspendefreudigsten Menschen in Europa. Das liegt auch dran, dass sie den Tod eines Menschen anders definieren. Wenn das Herz in Spanien stehen bleibt, ist man tot. In Deutschland wird der Hirntod als Kriterium verwendet.

Es geht um zutiefst ethische Fragen.

Ich befürworte das Einwilligungsrecht und wünsche mir mehr Aufklärungsarbeit. Wenn die Bevölkerung weiß, wie verantwortungsvoll mit den Spenderorganen umgegangen wird und wie würdevoll der Spender behandelt wird, dann wird sie auch den orange-gelben Ausweis ausfüllen und ins Portemonaie stecken.

Man kann auch in kleinen Schritten auf dieses große Thema zugehen, getreu dem Motto der DKMS: ”Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein!”
… und für eine Stammzellenspende muss man nicht sterben. Vielleicht lernt man sogar den Empfänger kennen und darf sehen, wie lebendig das Leben ist.