Glück

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Suchen und entdecken, finden und bewahren, genießen und verschenken – das taten wir eine Woche lang auf dem Talentcampus mit 15 Kinder und Tanzpädagogin Miriam Spiel. (Miriam und ich suchten auch noch eine zweite Woche lang nach dem Glück, aber mit anderen Kindern und an einem anderen Ort.)

 

Ich glaube, ich war lange nicht mehr so erschöpft wie nach diesen zwei Wochen: Hygienevorschriften einhalten, putzen und desinfizieren, auf- und umräumen, die Workshops und das Miteinander. Es war schön und ganz schön anstrengend.

mit Tanzpädagogin und Schauspielerin Miriam Spiel

mit Tanzpädagogin und Schauspielerin Miriam Spiel

Wir waren gut vorbereitet und ich bin noch immer von dem pädagogischen Konzept überzeugt, dass Kunst stark macht. Der Talentcampus richtete sich an sozialbenachteiligte Familien, Kinder mit Migrationshintergrund und an SchülerInnen von Mittelschulen. Ich war auf Vielfalt und Turbulenzen eingestellt und die Kinder schöpften aus unserer Energie, von unserer Geduld und Zuwendung bis wir erschöpft waren. Es ist diese Art von Erschöpfung, von der man weiß, dass das Geben richtig, gut und wertvoll war.

Jeden Tag ergründeten wir eine Facette des Glücks. Was ist Glück? Wie fühlt sich Glück an? Was macht glücklich? Wann bist du glücklich? Wie lässt sich Glück teilen?

Die Kinder lernten Hans im Glück, Erich Kästners Das Märchen vom Glück und Frederick und Piggeldy kennen. Erst dachte ich, diese Geschichten könne man doch keinen Preteens präsentieren, aber dann sah ich ihre Faszination, weil lebendiges Vorlesen sie in eine andere Welt zog. (Wie oft wurde diesen Kindern etwas vorgelesen?)

Wir bewegten uns zu Musik und vertanzten Gedichte. Wir schrieben Geschichten und wenn die Worte fehlten, schnitten wir passende Bilder aus Zeitschriften aus oder malten etwas dazu.

Es entstand viel, weil jeder kreativ sein durfte, mal alleine, mal gemeinsam. Ich hätte es fast nicht geglaubt, doch am Ende der Woche, tanzten die Kinder zwei Choreografien, schrieben Elfchen und eine Geschichte. Das war schön!

Und dann passierten all die Dinge, die entstehen, wenn so unterschiedliche Kinder intensiv Zeit miteinander verbringen. Es wurde geschimpft und geschrien, gedroht und getreten. Wir mussten Regeln einführen. Ich war streng und Miriam geduldig – auch eine gute Kombination.
Das Chaos am Mittagstisch durfte sich nicht wiederholen. Wir führten einen Tischdienst ein, bestanden auf Wörter wie Bitte und Danke, auf Hilfsbereitschaft und Rücksicht. Plötzlich wollten sie alle helfen und es gab dann darüber Streit.
In den Konflikten zeigten sich ihre Verletzlichkeiten.

Da war das Mädchen, das im langen Pulli schwitze, weil es ihre Arme hässlich fand. Wie kommt sie darauf?
Da war der Junge, der mit rosa Farbe malte und dafür ausgelacht wurde. Rosa ist für alle da!
Da war das Mädchen, das nicht glaubte, dass ihre Eltern zur Aufführung kommen, weil denen nur gute Noten wichtig sind. Aber dann kamen sie doch und die Freude war grenzenlos.
Da war der Junge, der sich in seinen Gedanken verlor und dafür angemotzt wurde. Ferienzeit ist freie Zeit vor allem für Träumereien.
Da war das Mädchen, das vorlesen wollte und über jedes Wort stolperte. Wir … haben …. Zeit.
Da war der Junge, der so viel Wut im Bauch hatte und nicht wusste wohin damit. Wir haben viel geredet und zugehört.
Da waren die Kinder, die sich nicht trauten und dann so stolz waren über ihre Ideen und Talente und was man alles schaffen kann, wenn man zusammenhält. Das war schön!

Kultur macht stark.
Körperstark. Gedankenstark.
Ideenstark. Charakterstark. Herzensstark.

Ich danke der VHS München Süd-Ost für die Organisation und den Förderern von Kultur macht stark, die es 28 Kindern ermöglichten, das Glück zu suchen … um festzustellen, dass es im Alltäglichen verborgen ist.

Susanne Ospelkaus